Proust schrieb einmal über ein interessantes Phänomen: Über die Bewegung der Dinge um uns herum. Die Dinge stehen nicht so fest wie wir sie sehen. Sie oszillieren, in ihnen vereinen sich Gegenwart und Vergangenheit. Man merkt es meist nur in dem Moment, in dem man aufwacht. Das Bewusstsein ist noch nicht da, konnte die Gegenwart noch nicht festlegen. Einen Moment lang schweben all die verschiedenen Zimmer, in denen man einmal geschlafen hat, vor dem inneren Auge. Sie sind wie Kleider, die man dem Raum anhält und schaut, ob sie denn passen könnten. Meist ist der Moment nach ein, zwei Sekunden wieder vorbei und das Bewusstsein legt sich fest über den Raum, kettet die Gegenwart wieder fest, löst den Hauch der Vergangenheit auf. Aber der Moment beweist die Gegenwart der Vergangenheit.
Aber auch das Umgekehrte ist möglich: Dass der Moment die Vergangenheit der Gegenwart beweist. Das geschieht immer dann, wenn vergangene Momente nachgestellt werden, wenn die gleichen Personen sich an gleichen Orten in gleichen Situationen wiederfinden. Nur dass es nicht mehr dieselben sind. So saß ich beispielsweise gestern mit meiner ehemaligen Mitbewohnerin und meiner damaligen Freundin gemeinsam an unserem Küchentisch. So wie wir auch damals gesessen hatten. Wir alle hatten uns verändert. Und doch drängte sich mir die Situation als gleich auf. Es war als wären wir wieder zusammen und würden wieder zusammen wohnen, als wäre keine Zeit vergangen. Ich war mir einen Moment nicht sicher, welcher Tag sei und ob wir nicht doch noch in der Zeit von vor zwei Jahren sind.
Die Suggestion des Moments war für wenige Sekunden ähnlich stark wie die Momente im Bett, in denen die Realität oszilliert und zeigt wie stark sie mit der Vergangenheit verwachsen ist.
Ich hab mir grad „Und t?glich gr??t das Murmeltier“ angeschaut. Hat das was damit zu tun?
ging mir auch so 🙂
Rie
Gar nichts. Und ich d?chte, ich h?tte es gut beschrieben. Schade.
Vielleicht fehlten ja die Beispiele. Also. Meist ist dieser Moment im Bett, wenn man mitten in der Nacht einmal aufwacht und in einem Bett schl?ft, das nicht das gewohnte Bett ist. Wenn man also in einem fremden Haus oder einer fremden Umgebung ist. Dann wache ich aus dem Traum auf und f?r einen kurzen Moment ist mir nicht klar, wo ich bin. Da die Dunkelheit mich umgibt, kann ich es nicht sofort erkennen und im Kopf gehen die verschiedenen Zimmer um, in denen ich bisher geschlafen habe. Aber auch nur die, die eine besondere Bedeutung f?r mich hatten. So kann es sein, dass ich denke, ich schlafe in meinem alten Jugendbett, oder in dem neuen Bett bei uns zu Hause. In diesem kurzen Moment wird das Zimmer in seiner „Gesamtkomposition“ an den gegenw?rtigen Raum angepasst und ich ?berlege dann zum Beispiel in welche Richtung ich schlafe, wo das Fenster und die T?r sind. Aber dieser Moment vergeht recht schnell. Das Gegenwarts-Bewusstsein kehrt wieder.
Ein einfaches anderes Beispiel: Manchmal komme ich in mein Zimmer und bin ?berrascht, dass Laminat drin liegt. Denn ich sah noch kurz das Zimmer in seinem alten Zustand vor meinem inneren Auge. Dann verwundert mich sein neuer Zustand. Oder ich stand zu Hause vor der T?r zu meinem alten Zimmer, was meine Eltern komplett umgebaut haben und was nun weniger mein Zimmer, denn ein Fernsehraum ist, ich stand also vor der T?r und dachte, dass mein altes Zimmer noch dahinter sei. Ich sah es vor mir. Bis es einen kurzen Moment sp?ter der Gegenwart wich.