Ich habe nicht Architektur studiert. Ich war trotzdem in Berlin und ich war um den Reichstag. Es war eine Qual. Schrecklich, eine Architekturwüste.
Für ein Interview musste ich in das Paul-Löbe-Haus. “Haus” ist ein Euphemismus, Komplex oder besser noch Monstrum wäre angemessener.
Das Paul-Löbe-Monstrum beherbergt die Büros aller Abgeordneten. Aber eigentlich ist es die komplexe Vereinigung von acht Abschussrampen für Ariane-Träger-Raketen oder – noch eher – ein überdachter Silo-Zweckverband mit megalomanischem Carport-Vorbau.
Wann bitteschön geht denn endlich die Stahl-Beton-Glas-Phase vorbei? Ich kann es nicht mehr sehen. Überall. Die Gegend um den Reichstag ist zugemüllt mit diesen Bauten. Man nehme ein wenig Sichtbeton und überdecke es mit tausend Glasscheiben, damit sich auch ja die historischen anderen Gebäude oder gar die Reichtstagsfahne darin spiegeln. Wie symbolisch.
Die schlimmste Beleidigung der Augen war aber die Schweizer Botschaft (direkt gegenüber vom obigen Monstrum): Eine komplexe und sicherlich auch bedeutungsschwangere Mischung aus alt und neu, auf die es bestimmt bald Architekturpreise regnet.
Die Frage, warum der Staat so etwas finanziert bleibt offen. Schrecklicher als die Bauten ist aber noch die Landschaftsgestaltung. Sie ist so willkürlich wie abstrus: Da werden komische Kreise mit riesigen Kreuzen gezeichnet, da werden kreuz und quer Bäume in irgendwelchen Bottichen aufgestellt, da spritzt Wasser unmotiviert aus in den Boden eingelassenen Marmorplatten, daneben Gras, dann nichts. Dann gibt es einen kleinen konspirativen Garten, in dem die Abgeordneten zwischen mannshohen Büschen flanieren können, dann aber auch einen riesigen großen Busch, aus dem einsam und wie immer symbolisch eine Bronzestatue herausragt. Was soll das? Wurde hier das Geld mit offenen Händen an die möglichst unsinnigsten Projekte gegeben? Gibt es keine Landschaftsarchitektur mehr, keine Gesamtkonzepte? Und warum kann man sich nicht wenigstens bei solchen Bauten Mühe geben?
Und dann war ich im Paul-Löbe-Monstrum auf der Toilette. Wenn man die Toilette – allgemein gesprochen – als den Nukleus des Gesamtbaus, als symbolischen Ausdruck dessen, was das gesamte Haus darstellt, nehmen kann, dann… Ich weiß nicht. Ich habe aufgeschrieen und beinahe geweint. Ich habe selten etwas so schreckliches gesehen. Ein Provisorium, dass als Design verkauft wird. Nichts passt zusammen. Und dafür wurde Geld ausgegeben.