Neulich half ich einer Freundin bei ihren Computerproblemen. Ich zeigte ihr die Windowsche Wiederherstellungskonsole, mit der man den früheren Zustand seines Computers wiederherstellen kann. Ich hatte dazu bei mir immer Zeitpunkte mit dem schönen Titel “Geht alles” oder “Alles OK” angelegt.
Das sollte es auch für Menschen geben. Dann kann man seine eigene durchwühlte Gefühlswelt, all die ausgesprochen überflüssigen Ängste, die ewig kreisenden Gedanken und Zweifel zurücksetzen auf den wunderbaren Stand, als man einfach so lebte, das Leben einfach fließen ließ, als jegliche Sorge so fremd und fern erschien, dass man sie neugierig und verwundert betrachtete als wäre man der Entdecker einer neuen Kultur – und nicht der überforderte Vater einer ganzen Rasselbande an Problemen. Das wäre schön.
Aber das ist ein Wunsch, der aus Schwäche entstand. Die Einwände schlagen schon Purzelbäume.
Ich lebte, glaubich, nie einfach so. Sobald ich denken konnte, musste ich entweder gehorchen oder folgen. Ich habe die Sorgen der Erwachsenen immer gleich auf mich ?bertragen, mir aber im Laufe der Jahre einen gewissen Gleichmut angeeignet, der heute als Oberfl?chlichkeit, wenn nicht gar Ignoranz interpretiert wird. Ich hoffe, Klinsor, du wirst niemals gleichm?tig und bleibst ewig verhedert in deinem emotionalen Gef?hlschaos. Denn das macht das Leben aus. Du wirst dich mit Freude und Wehmut daran erinnern, wenn du in wenigen Jahren im B?ro sitzt und wie immer deine Computertastatur qu?lst. Und vergeblich wirst du das Datum in der Wiederherstellungskonsole suchen, dass dich zur?ckbef?rdern soll in dein doch dann so geliebtes Chaos.
W?re auf den ersten Blick nicht schlecht. Doch mit einer Wiederherstellung eines vorherigen Status geht auch das sinnvolle verloren. Jede Falte in meinem Gesicht, jede Sorgenfalte auf meiner Stirn ist m?hsam erworben. Besser kein Reset.