Woran erkennt man, dass eine Frau mehr Interesse hat? Es gibt nur sehr wenige Zeichen, die eine überindividuelle Interpretation erlauben.
Das stärkste Zeichen, das immer wiederkehrt, ist das folgende: Bei einem Treffen sagt sie am Anfang gleich: „Ich habe dich gesehen, aber du hast mich nicht gesehen.“ Das kann natürlich auch eine einfache Aussage sein, die so stimmt. Aber meist wird sie mit einem halb vorwurfsvollen Unterton vorgetragen, der sagt: „Ich habe mich eigentlich gefreut dich zu sehen, aber du hast mich gar nicht wahrgenommen.“ Im Grunde ist dieser Satz meist auch schon die treffende Beschreibung des gegenseitigen Verhältnisses: Einer will mehr, der andere nicht.
Ein weiteres Zeichen ist die übermäßige Aufmerksamkeit. Es gibt in den meisten größeren Runden ein Level auf dem sich die persönlichen Beziehungen und Gespräche einpendeln. Das ist meist nicht sehr intim. Wenn dann aber intime Fragen in einer großen Runde gestellt werden, ohne Rücksicht auf den wenig intimen Kontext, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass der Eine eigentlich ein tieferes Gespräch wünscht, aber den Anderen immer nur in Gruppen trifft und daher versucht, den Gruppenkontext zu nutzen, um herauszufinden, ob die eigene Neugier eigentlich berechtigt ist und vielleicht sogar Gesprächsstoff für spätere Gespräche zu finden. Zur überhöhten Aufmerksamkeit zählen aber auch Interpretationen und Deutungen des Anderen. So werden zum Beispiel kleine Situationen auf die ganze Person überinterpretiert, zum einen um zu signalisieren „Ich nehme dich wahr“ und zum anderen, um den anderen zu locken, mehr von sich preis zu geben, sich mit Intimität zu wehren.
Ein weiteres Zeichen ist die körperliche Nähe. Das ist aber mit Vorsicht zu genießen, da es auf die Körperlichkeit des gegenüber ankommt und es eine enorme Bandbreite gibt: Von soziophober Berührungsvermeidung bis zu hippiesker Taktophilie. Dennoch kann man grundsätzlich festhalten: Man fasst niemanden an, den man nicht wenigstens ein bisschen mag. Soweit geht selbst das Hippiedasein doch nicht. Die Begrüßung und der Abschied sind natürlich als Situationen eigentlich sehr gut geeignet, das Verhältnis zu beschreiben (siehe hier). Allerdings sind sie auch immer sehr aufgeladen, wenn nicht gar überladen mit Bedeutung. Deutlicher wird das Interesse eher in einer leichten fast wegdrückenden Berührung am Arm, die bedeutet: „Das kannst du doch so nicht sagen!“, oder wenn allgemein Nähe gesucht wird und Situationen geschaffen werden, in denen man sich nahe ist.
Es gibt aber auch Menschen, bei denen Interesse das genaue Gegenteil bedeutet: Sie können den anderen gar nicht berühren, sie meiden den Körperkontakt geradezu. Das ist ein Schutzmechanismus. Er kann allerdings leicht missverstanden werden, wenn der andere gerade Nähe als Zeichen kennengelernt hat und sich dementsprechend weggestoßen fühlt durch das nähemeidende Verhalten des anderen. Dann kommt es auf Menschenkenntnis an, um die in diesem Fall eher ambivalenten Zeichen doch als Zuneigung zu deuten.
Bei der Frage, was der andere will, spielt zum einen Menschenkenntnis eine wesentliche Rolle, also dass man bereits verschiedene Persönlichkeitstypen und ihr Verhältnis zur Welt und anderen Menschen kennengelernt hat. Zum anderen ist aber auch die eigene Fähigkeit von Bedeutung, das Gegenüber nicht nur als Spiegel des eigenen Selbsts wahrzunehmen, sondern als eigenständige Personlichkeit mit eigenen Verhaltensweisen, die nur bedingt eine Wertung des eigenen Verhaltens oder der eigenen Person darstellen. Letzteres ist natürlich beim Kennenlernen die allerschwerste Aufgabe, weil man bei Interesse dazu neigt, jede Handlung auf sich zu beziehen.
meine Güte! Das war früher alles leichter, als ich noch jung war!
Ja, zu meiner Zeit auch noch.
Aber heute, da wird doch alles neurophysiologisch erklärt, und da wollte ich nicht nachstehen und wenigstens ein bisschen aus dem Nähkästchen psychologisieren. Ich werde vielleicht auch mal den Volkshochschulkurs „Freies Psychologisieren“ anbieten.
Ich vertraue da eigentlich meinem Gefühl, bei der obigen Einschätzung. Das führt allerdings oft zu Überschätzungen oder Unterschätzungen – je nach Tagesform. Deshalb mal ein paar klare Kriterien.