Manchmal bin ich beim Zeitungslesen wirklich baff, wie naiv Journalisten sein können. Ein wenig eigene Medienkompetenz könnte man doch haben, wenn man schon für eine große deutsche Zeitung schreibt. In der Süddeutschen kommt gestern als erste Meldung, dass Iran schon 2003 einen Zünder für eine Atombombe getestet haben soll. Ganz zufällig wurde das jetzt festgestellt, 11 Jahre später. Das steht natürlich nicht im Zusammenhang mit den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm, die an diesem Wochenende stattfinden sollen.
Eine solche Information ist natürlich erfunden. Das ist nur ein einfacher Spin, um den Druck auf die Verhandlungsparteien zu erhöhen. Man sollte nicht zimperlich mit dem Iran sein, die sind schon so weit mit ihrem Atomprogramm. Morgen könnten sie die Bombe haben! (Mal ausgeklammert, dass heute ja schon morgen ist, wenn man schon 2003 einen Zünder getestet hat). Das ganze stützt sich dann auf „solide Hinweise“. Die Süddeutsche sollte auf jeden Fall an ihren Kriterien zur Quellenqualität arbeiten.
Ähnliche Spins finden sich immer wieder. Beispielsweise, wenn es die Lage in um Syrien geht. Da steht eine wichtige Verhandlung kurz bevor. Und plötzlich tötet das Regime wahllos hunderte Zivilisten. Es wäre ziemlich dumm, den Grund für die Sanktionen oder das Eingreifen selbst zu liefern. Aber da bestimmte Akteure in den deutschen Medien als grundlegend böse oder irrational dargestellt werden, wird auch nicht über ihre Motive spekuliert: Assad ist halt ein Schlächter, Ahmadinedschad ein Verrückter.
Da könnte man in deutschen Zeitungen mehr Vorsicht walten lassen und sich nicht in solche politische Ränkespiele einspannen lassen. Zumindest sollte man sich dieser Möglichkeit der Manipulation bewusst sein und das vielleicht auch im Artikel andeuten.
würde ich mir auch wünschen. Habe aber leider die Hoffnung schon fast aufgegeben, was kompetenten Journalismus angeht und bin deswegen manchmal eher überrascht, wenn ein Artikel recherchiert und vernünftig verfaßt scheint.