Die Digitalisierung macht es schwieriger, nette und unkomplizierte Geschenke zu machen. Zwei Probleme treten mittlerweile dabei auf: Zum einen ändern sich die Techniken der Mediennutzung und zum anderen gibt es bei einigen Medien eine allgegenwärtige Verfügbarkeit.
Die CD ist das erste Opfer dieser Entwicklung. Wozu sollte man jemandem noch eine CD schenken, wenn dieser nicht einmal mehr einen CD-Player besitzt (Technik) und in seinem Streaming-Account sowieso unendlich viele Alben hat (Verfügbarkeit)? Potentiell steht dem Anderen die CD auf diese Weise meist sowieso schon zur Verfügung. Wäre es dann ein Geschenk, den Anderen auf dieses Album hinzuweisen? Dabei lebt das Geschenk ja eigentlich von der Haptik, davon, dass man es anfassen und auspacken kann. Wenn Musik nur noch digital genutzt wird, kann man sie nur noch schlecht verschenken. Die einzige Ausnahme bilden hier Hörspiel-CDs, da Hörspiele meist bei den Streamingdiensten noch nicht angeboten werden.
Filme als Geschenk sind ebenfalls bereits bedroht. Auch hier ist die allgegenwärtige Verfügbarkeit das Problem: Wenn jemandem bereits alle Filme auf einem Streaming-Dienst zur Verfügung stehen, warum sollte man dann noch eine materielle DVD schenken? Die technische Seite ist hier noch nicht das Problem: Die meisten Menschen besitzen noch einen DVD- oder Bluray-Player. Allerdings geht der Trend auch bei Filmen zum Streaming – im Vergleich zur Musikindustrie ist er allerdings noch nicht so weit fortgeschritten.
Bücher als Geschenk scheinen bisher noch nicht bedroht. Hier ist das Problem nicht die allgegenwärtige Verfügbarkeit – da es bisher kein Abo für alle verfügbaren Bücher gibt -, sondern die technische Änderung der Mediennutzung: Wenn jemand nur noch auf dem Kindle liest, wird es schwer, ein echtes, materielles Buch zu schenken. Da muss man schon auf einen Amazon-Gutschein ausweichen. Dieser wird allerdings nicht für ein spezielles Buch ausgestellt und hat somit nur einen abstrakten Wert.
Aber der Geschenke-Markt scheint trotzdessen nicht tot zu sein. Es scheint eine Auseinanderentwicklung zu geben zwischen der wirklich praktizierten Mediennutzung und der im Geschenk repräsentierten Mediennutzung: Es werden noch CDs, DVDs und Bücher verschenkt – auch wenn dies gar nicht mehr zum aktuellen Nutzungsverhalten des Beschenkten passen mag. Der Geschenkemarkt könnte zu einer analogen Enklave in einer digitalen Welt werden. Er ist quasi ein Zombiemarkt: Während die reale Mediennutzung immer mehr von Streaming-Angeboten geprägt wird, die das Verschenken durch die allgegenwärtige Verfügbarkeit alles Schenkbaren unmöglich machen, werden auf dem Geschenkemarkt alte Medien konserviert und künstlich am Leben erhalten.
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