Oft suche ich den Moment zu finden, der zwischen zwei grundverschiedenen Bewertungen liegt. Zum Beispiel bei meiner Magisterarbeit: Jetzt, nach einem Monat, höre ich immer wieder “Das ist ja noch viel Zeit.” Ich bin sehr gespannt, wann sich das wandelt – in ein angestrengtes Gesicht, dass sich die Frage fast lieber verkniffen hätte, um dann doch noch spontaner- und damit dummerweise rauszubringen “Uiuiui, das wird aber knapp.” Danke.
Wird es ein schleichender Prozess sein oder wird es wie das kleine Loch in der Staumauer sein: Einer bohrt es vorsichtig mit einem kleinen Zweifel vor und schlagartig wird die Fragemasse so schwer, dass sie in geballter Wucht den Schamstaudamm durchbricht und niemand mehr an sich halten kann mit guten Ratschlägen und wertvollen Tipps und neuen Meinungen.
Nachtrag: Ähnliches ahne ich auch bei meiner jetzigen Frisur, nur unterstelle ich es allen anderen: Sie warten nur auf den zukünftigen Tag, an dem ich genügend Distanz zum Jetzt entwickelt haben werde, damit sie gemeinsam mit mir über mein damaliges unmögliches Aussehen lachen können. Mitterweile kann ich immerhin über den gräßlichen Oberlippenflaum lachen, den ich damals in der neunten Klasse so stolz trug, weil es meine allerersten Barthaare waren. Ich konnte ja nicht wissen, ob sie nach dem Wegrasieren wieder kämen und welch langes Zweifelsmartyrium ich dann auf mich nehmen müsste. Da musste er einfach stehen bleiben und wachsen.
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