Der Kampf um die Rentner ist eingeläutet. Der Ober-Opportunist Jürgen Rüttgers hat ihn mit seinem Vorschlag eröffnet, die Kürzungen der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes zurückzunehmen.
Interessanterweise ist darüber kein Streit in der Sache entbrannt, sondern ein Meta-Streit über die Parteigrenzen: Rüttgers dürfe diesen Vorschlag nicht machen, da es ein originärer SPD-Vorschlag sei, Rüttgers versuche nur die SPD links zu überholen. Vermutlich versucht Rüttgers nur in einer Situation, in der mehr Geld da ist, das Geld mit möglichst großem Imagegewinn zu verteilen und zugleich dem Koalitionspartner als unsozial abzukanzeln. Für ihn hat dieser Vorschlag nur Vorteile: Entweder er wird umgesetzt (er ist der Held) oder er wird hauptsächlich von der SPD abgelehnt und schadet damit der SPD selbst (er ist der Held).
Da merkt man die Macht des Diskurses: Wenn solch ein Vorschlag von einer wichtigen Person erst einmal gemacht wird, lässt er sich nicht so leicht wieder aus dem Diskurs nehmen. Insbesondere ein Vorschlag, der eine Wohltat für viele Bürger verspricht. Wieso sollte man das ablehnen, wieso sollte die SPD das ablehnen? Sie kann es nicht ablehnen. Jedenfalls nicht in der Sache und nicht ohne Schaden für ihr Image als soziale Partei. Deshalb musste sich Franz Müntefering auf die Meta-Ebene begeben und den Wütenden mimen, der sich ob der Schauspielerei, der Wendehalsigkeit des Jürgen Rüttgers ereifert.
Zu recht. Denn Jürgen Rüttgers würde bei schlechterer Kassenlage sofort wieder auf Zwangsmaßnahmen für Arbeitslose drängen. Kurt Beck fasste es schön zusammen: „Ich bin immer skeptisch, wenn aus einem Saulus ein Paulus wird.“ Das gibt es nämlich nur in der Bibel.
NACHTRAG: Erst heute habe ich von den politischen Konstellationen in NRW erfahren. Der Wahlsieg der CDU und damit Rüttgers Sieg war sehr stark der rot-grünen Bundespolitik zu verdanken. Das Land ist aber weiterhin wenn nicht in roter, so doch in sozialliberaler Hand. Und nun ist der schwarze Rüttgers dort Ministerpräsident. Er versucht also mit diesen sozialen Diskurs-Versatzstücken auch seine eigene Klientel wieder zu beruhigen. Seine Umfragewerte sollen landesintern schon gefallen sein. Nun steigen sie wieder. Wie schön.
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