Es gibt Momente im Leben, da stellt man ganz unvermittelt fest, auf welch grandiosen Fehlannahmen die eigene Wahrnehmung, das eigene Denken eigentlich fußt.
Bevor ich jedoch zu dem heutigen Anlass komme, muss ich ein andere Geschichte erzählen. Kurz nach Weihnachten traf ich einen Freund und fragte ihn, wie er Weihnachten verbracht hätte. Er war ganz aufgelöst und aufgebracht und erzählte mir, was ihn fertig gemacht hatte. Es war eine Autofahrsituation mit seiner Freundin. Es ging um die Entscheidung ohne aufgetaute Scheibenwischerflüssigkeit einen Ausflug zu wagen. Als er es mir erzählte war ich zunächst verwundert: Wie konnte diese Kleinigkeit ihn so aus der Fassung bringen, wie konnte diese banale Situation ihre Beziehung für zwei volle Tage belasten? Erst nach und nach konnte ich die Bedeutung dieses Vorfalls verstehen, konnte ich den Subtext lesen.
Durch meine anfängliche Ignoranz dieser für ihn bedeutsamen Szene wurden die unterschiedlichen Bedeutungskontexte mir erstmals wirklich bewußt. Und als ich ihm dann erzählte, was mich bewegte, lief dieses zusätzliche Verständnis mit. Es war nun weniger lächerlich, dass mich wirklich ein einziger ausbleibender Anruf außer Kraft setzte und so umwühlte, dass ich eine Woche lang daran gedacht hatte. Nach dieser Umwühlungsphase bin ich nun in der meditativen Phase und beobachte mich selbst. Bei dieser Beobachtung ist mir nun gerade aufgefallen, dass ein Grundpfeiler meiner Erwartungen nicht trägt.
Ich hatte für das Mädchen eine kleine CD zusammengestellt und sie dort abgegeben, wo sie arbeitet. Dabei lag ein Zettel, dass es für sie sei. Meinen Namen schrieb ich nicht, weil ich dachte, die Angestellten würden das sicherlich untereinander klären, wer die CD vorbeigebracht hatte und es dann erzählen. Nun wurde mir die Absurdität dieser Vorstellung bewußt. Ich hatte bisher immer gedacht, dass sie trotz der CD nicht reagiert. Das hat mich noch mehr hinabgezogen.
Es ist als hätte man ein Grundaxiom aufgestellt und das absolut nicht mehr hinterfragt. Nur dass dieses Axiom menschlich ist und aus dem Leben heraus interpretiert war. Man schließt von A auf B und versteht B aber nicht, so dass man dann daran herumkritisiert und -interpretiert, ohne zu merken, dass der Fehler schon bei der ersten Überlegung lag. Dieser erste Schluss liegt bei vielen Beziehungen höchstwahrscheinlich schon Jahre zurück und es würde ein Team an Archäologen erfordern ihn wieder freizulegen. Aber dieses Team könnte bestimmt viele darauf basierende Mißverständnisse und Feindseligkeiten ausräumen.
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